Mehr Stabilität durch Stärkung der zweiten Säule
Ein Ausbau der betrieblichen Vorsorge stärkt das österreichische Pensionssystem und findet breite Zustimmung in der Bevölkerung.
Das österreichische Pensionssystem ist zum größten Teil staatlich organisiert: Statistisch gesehen kommen von 100 € Pensionsleistung 90 € aus der staatlichen ersten Säule, 4 € aus der betrieblichen (zweite Säule) und 6 € aus der privaten (dritte Säule) Vorsorge. Nur etwa jede:r fünfte Arbeitnehmer:in sowie jede:r zehnte Pensionist:in in Österreich hat Zugang zu einer betrieblichen Vorsorgelösung.
Als Risikomanager sehe ich hier eine zu geringe Diversifizierung. Es fehlt eine ausgewogene Verteilung der Risiken.
Das Pensionssystem in Österreich stützt sich fast ausschließlich auf das Umlageverfahren – also auf die Liquidität des Staates und die Fähigkeit der Erwerbstätigen, den wachsenden Anteil älterer Menschen finanziell zu versorgen. Aus Sicht der Pensionist:innen gibt es im Wesentlichen
- ein System: das Umlageverfahren,
- eine Finanzierungsquelle: Steuern und Lohnnebenkosten der aktuell Erwerbstätigen,
- eine auszahlende Stelle: die Pensionsversicherungsanstalt (PVA).
Umfrage: Stärkung der zweiten Säule gewünscht
Doch entspricht dieses Pensionssystem auch den Wünschen und Erwartungen der Menschen in Österreich? Dieser Frage ist das Marktforschungsinstitut Spectra in unserem Auftrag nachgegangen. Das Ergebnis: Die Befragten wünschen sich, dass der Anteil der zweiten Säule auf 26 % steigt. Bei diesem Szenario könnte man aus den folgenden Gründen tatsächlich von einem Mehr-Säulen-Modell mit angemessener Risikodiversifizierung sprechen. In diesem Szenario gäbe es:
- zwei sich ergänzende Systeme: Das staatliche Umlageverfahren und das Kapitaldeckungsverfahren, bei dem die Menschen während ihrer Aktivzeit finanziell für die eigene Pension vorsorgen.
- zwei Finanzierungsquellen: Die Pensionen würden sowohl von der aktuell erwerbstätigen Generation als auch von der Folgegeneration getragen.
- mehrere auszahlende Stellen: Neben dem Staat auch verschiedene private Finanzdienstleister, insbesondere Pensionskassen und Versicherungen.
Eine solche Diversifizierung der Risiken hätte insbesondere folgende Vorteile:
- In der Ansparphase würden sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer:innen investieren und mehrere Finanzdienstleister das Geld gewinnbringend an den Kapitalmärkten anlegen.
- Die Höhe der Pensionen wäre von unterschiedlichen Faktoren abhängig.: Für die staatliche Pension ist vor allem die Lage am Arbeitsmarkt entscheidend, während in der zweiten Säule die Entwicklung der Kapitalmärkte und die erzielten Veranlagungserfolge maßgeblich sind.
- Besonders junge Arbeitnehmer:innen profitieren in der zweiten Säule von den langfristig hohen Renditechancen an den Kapitalmärkten.
Um die zweite Säule entsprechend zu stärken, stehen einzelne mögliche Maßnahmen zur Diskussion. Das Institut Spectra hat die Zustimmung zu diesen Vorschlägen erhoben.
- Zusatzpension für jeden: Idealerweise sollten alle Kollektivverträge eine betriebliche Vorsorgelösung vorsehen. Die Forderung nach verpflichtenden Pensionskassenlösungen unterstützen laut der Spectra Umfrage sieben von zehn Österreicher:innen.
- Gehaltsumwandlung: Sämtliche Erwerbstätige sollten das Recht haben, einen Teil ihres Bruttogehalts steuerfrei in eine Pensionskasse einzuzahlen. 80 % stimmen dieser Forderung zu, 44% würden dies laut Umfrage auch tun.
- Abfertigung als Pension nutzen: Die Abfertigung Neu sollte grundsätzlich bis zum Pensionsantritt veranlagt und nur in sozialen Härtefällen vorzeitig ausbezahlt werden. Acht von zehn Befragten unterstützen diesen Vorschlag.
Zusammengefasst
- Das österreichische Pensionssystem basiert derzeit im Wesentlichen auf einer Säule.
- Eine breitere Diversifizierung auf mehrere Säulen würde das Pensionssystem stabilisieren.
- Pensionist:innen sind fast ausschließlich von der erwerbstätigen Bevölkerung abhängig.
- Angesichts der kontinuierlich steigenden Lebenserwartung sind verstärkte Maßnahmen im Bereich der Pensionsvorsorge erforderlich.
- Die klare Mehrheit der Österreicher:innen wünscht sich den nachhaltigen Ausbau der zweiten Säule.
Wie das österreichische Pensionskassensystem ohne zusätzliche Kosten modernisiert werden könnte, lesen Sie in unserem Blogbeitrag.
Autor
Dr. Philipp Mayer
Vorstandsmitglied in der Valida Vorsorge Management